Fundstücke des Tages zu den Themen Stuttgart 21 und K21.
Die S21-Gegner rufen immer "Lügenpack" - ja, muss das denn sein?
Diese Recherche von H. Hanslmeier betrifft die Umstände,
unter denen der Stuttgarter OB Schuster im Jahre 2007 vorschnell seine Unterschrift unter Verträge mit der
Bahn gesetzt hat, um Fakten zu schaffen und ein Bürgerbegehren zu vereiteln.
Aus einem
Interview mit Walter Sittler und Wolfgang Schuster (Frankfurter Rundschau, 9. Oktober):
SITTLER: Sie sprechen von der Initiative 2007, als 67000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt wurden. Da haben Sie Fakten geschaffen, indem Sie Verträge mit der Bahn unterschrieben haben, obwohl Sie von der Initiative wussten.
SCHUSTER: Ich wusste nichts von dieser Bürgerentscheidsinitiative.
[...]
SCHUSTER: Dass im Jahr 2007 ein Bürgerbegehren vorbereitet wurde, habe ich damals nur gerüchteweise gehört.
Drei Jahre zuvor ereignete sich laut
Protokoll der Sitzung des Gemeinderates Stuttgart vom 4.10.2007 folgendes:
Er [StR Wölfle] appelliere an die Mitglieder des Gemeinderats, für einen Bürgerentscheid zu stimmen. ... Von OB Dr. Schuster erwarte er, mit der Unterschrift unter die Ergänzungsvereinbarung zu warten, bis klar ist, ob es zu einem Bürgerentscheid kommt.
Am 5.10.2007, also tags darauf, unterschrieb der OB Schuster die besagte Ergänzungserklärung und türmte damit
eine entscheidende juristische Hürde wider das Bürgerbegehren auf.
Wen wundert es also, dass bei so gut wie jeder Demonstration gegen S21 laut "Lügenpack" skandiert wird?
Mehr zum Thema:
Gleisführung im Neckartal
K21, dem Gegenentwurf zu S21, wird immer mal wieder vorgeworfen,
dass es eine Streckenführung im Neckartal erfordere, die Anwohner unzumutbar belaste.
Wie die Diskussion unter
http://www.parkschuetzer.de/statements/40073 zeigt, wird der Vorwurf schnell zum Bumerang, wenn
man nur ein bisschen nach Fakten gräbt. In Tat und Wahrheit stellt sich heraus, dass auch und gerade bei S21
erhebliche Belastungen im Neckartal entstehen. Die der K21-Fanatik ganz sicher unverdächtige Stuttgarter Zeitung
schreibt:
Auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung hat das Sprecherbüro von Wolfgang Drexler allerdings eingeräumt, dass im Neckartal auch bei Stuttgart 21 zwei neue Gleise gebaut werden müssen, die dann dicht an Wohnhäuser im Imweg heranrücken. Sie führen in den Tunnel zum Hauptbahnhof und müssen auf 1,2 Kilometern Länge in einem Betontrogbauwerk zwischen der Kreuzung Imweg/Augsburger Straße und den Otto-Hirsch-Brücken in die Bestandsstrecke einfädeln.
In diesem Bereich verlaufen künftig sechs statt heute vier Gleise nebeneinander, so dass die Trasse um mehr als die Hälfte des heutigen Bahnkörpers aufgeweitet werden muss. Die Böschung wird somit zwangsläufig in Richtung der Wohnbebauung verschoben.
Die Bahn selbst spricht in den Unterlagen von einem "erheblichen Eingriff", es komme zu "bauzeitlichen Beeinträchtigungen der Anwohner" durch Lärm und Erschütterungen. Auch später lasse Stuttgart21 in dieser Gegend "Überschreitungen der Immissionsrichtwerte" bei Gebäuden erwarten - "insbesondere im Nachtzeitraum". Auf den neuen Gleisen werden nämlich Güterzüge unterwegs sein.
Deshalb wird an dieser Stelle eine gesetzlich vorgeschriebene 385 Meter lange und vier Meter hohe Lärmschutzwand errichtet. Dennoch, so heißt es im Planfeststellungsbeschluss, "kann angesichts der deutlichen Grenzwertüberschreitungen beim Neubau der Obertürkheimer Kurve nicht gewährleistet werden, dass die einschlägigen Grenzwerte überall eingehalten werden". Deshalb haben viele Anwohner nicht nur im Imweg, sondern auch in der Augsburger Straße sowie der Bergstaffelstraße Anspruch auf Schallschutzfenster.
Dieses Szenario verwundert insofern, als es der ehemalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) in Bezug auf die K-21-Idee wegen der dichten Bebauung für ausgeschlossen erachtete, dass der Bau zweier Gleise von der Bevölkerung akzeptiert wird.
Und nun nehmen wir uns alle an der Hand und bilden mit den Redakteuren der Stuttgarter Zeitung einen Wunderkreis.
Die Pläne übereinandergelegt:
Teufel im Detail
Der Alt-Ministerpräsident von Baden-Württemberg sprach in einem
Akt beeindruckender Kirchtumspolitik bei der Kundgebung der S21-Befürworter vom Samstag:
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, dies ist eine reale Gefahr. Warum? Man kann von Berlin aus nach München an
Baden-Württemberg vorbeifahren über Nürnberg, Würzburg, Ingolstadt. Man kann von Hamburg aus an
Baden-Württemberg vorbeifahren über Nürnberg, Würzburg, Ingolstadt. Wir aber wollen, dass man nicht
an Baden-Württemberg vorbeifährt, sondern dass man von Berlin und Hamburg über Frankfurt, Mannheim, Stuttgart,
Ulm fährt!
Unbedingt merken: Zu Weihnachten in einem Akt der tätigen Nächstenliebe dem Herrn Altministerpräsidenten
einen Atlas schenken. Und eine Zugfahrkarte nach
Wolfratshausen
(über "Nürnberg, Würzburg, Ingolstadt"), zum
Kaffeekränzchen der visionären Altministerpräsidenten mit
Edmund
"10 Minuten!" Stoiber.
Mehr dazu: