Man hält sich als Läufer ja soooo gern für erfahren und abgeklärt.
Und doch habe ich beim gestrigen Marathon in Frankfurt
sozusagen am laufenden Meter gepatzt...
Patzer 1: Marathon auf leeren Magen
Naja, völlig leer war er nicht. Aber das gezielte Anfuttern in den letzten Tagen
vor dem Wettkampf hatte ich schlicht verschwitzt. Zudem war der übliche Speiseplan durch die
Anreise am Vortag durcheinandergeraten. Die trockenen Pestonudeln auf der Nudelparty am Vortag
des Laufes rissen die Sache auch nicht mehr raus.
Das Frühstück im
Hotel Bristol (nur ein paar
hundert Meter vom Start, jederzeit gerne wieder), war gut ausgestattet.
Rituelle Plünderungen am Hotelbuffet zu beobachten, das verdirbt mir aber eher den Appetit, und
so habe ich auch hier mein Defizit noch vergrössert...
Moral: Reinschaufeln, was das Zeug hält - am besten schon vor der Anreise.
Patzer 2: Essen auf der Strasse
Dass ich schlecht vorgebaut hatte, wurde mir klar, als ich mit knurrendem Magen im
Startbereich ankam. Also schnell vor dem Start noch Apfel, Bananen, Muffin eingeworfen und
mit allerhand Wasser hinuntergespült; während des Laufs kam bei fast jeder
Gelegenheit Apfelschorle dazu, ausserdem zwischendurch zwei Kohlenhydratgels. Irgendwann nach der
Halbmarathonschwelle wurde der wilde Cocktail toxisch, und mir wurde blümerant.
Moral: Das zweite Gel später einsetzen, bei den Getränkestationen nur einen
Schluck nehmen.
Patzer 3: Falscher Startblock
Beim Frankfurt-Marathon gibt es die sinnvolle Einrichtung der Startblocks. Die Läufermassen
werden nach (potentieller) Leistung aufgeteilt und sollen hintereinander starten, damit das
Gewusel nicht allzu groß wird. Nach meiner Beobachtung gab es aber keine Absperrung
zwischen den Blocks und auch nur einen Startschuß, was bedeutet, dass alle Läufer
ohne Abstand zwischen den Blöcken hintereinander lostraben und sich an den Fersen kleben.
Zusätzliche Erschwernis: Meldet man wie ich nach, wird man grundsätzlich in den
letzten Startblock eingereiht,
unabhängig von Zielzeiten und früheren Ergebnissen. Weil ich lieber in der Sonne warten wollte als
in einer kalten und schattigen Häuserschlucht, habe
ich mich zwar noch um ein paar Meter nach vorne geschummelt, aber schlauer wäre es gewesen,
die Rennvorgaben komplett in den Wind zu schlagen und mich nochmals weiter vorne nach
Leistung einzusortieren.
Wegen meiner Startposition glichen die ersten sieben Kilometer
eher einem Slalom als einem Marathon. Jederzeit musste ich
befürchten, einem Mitläufer in die Hacken zu treten oder dessen Ellenbogen
zu spüren. Der gewohnte Laufrhythmus war vor dem Verlassen der Innenstadt (km 12?)
nicht zu erreichen. Bis zum Ende des Laufes war ich jederzeit von vielen
Läufern umgeben, und es kam immer wieder zu Ausweichmanövern - zur Ideallinie
konnte man also einige hundert Meter dazu.
Moral: Besser über die Startblockaufstellung informieren.
Patzer 4: Das Trainingsprogramm
Was den Marathon angeht, bin ich Vorbereitungsminimalist: In der Zeit seit Sommer
kam ich über drei Läufe in der Woche nie hinaus - meistens waren es sogar nur zwei.
Schwerwiegender war aber der Bruch mit einer Tradition. Mit Wonne hatte ich bisher vor Wettkämpfen
die Experten-Trainingspläne ignoriert und mindestens einen Lauf von
35 km oder mehr absolviert. Diesmal jedoch lag mein längster Lauf bei 30 km und war
vollständig laufzeitschriftenkonform.
Im Wettkampf war bei Kilometer 35 zwar der Puls im grünen Bereich, und
auch der Wille nach überstandenen Magenbeschwerden wieder intakt.
Doch jetzt meldeten sich die Muskeln ab. Beide Beine versteiften
sich, jeder Schritt brannte, und ich mußte Tempo herausnehmen, um Krämpfe
zu vermeiden. Ich war auf die lange Distanz schlicht nicht vorbereitet.
Moral: Zurück zur alten Taktik - ein 35km-Lauf gehört (bei mir) zur Vorbereitung.
Patzer 5: Ein Mädchen sein wollen
Ein Kollege, der ungenannt bleiben will, wird zuweilen nicht ganz politisch korrekt
"das Mädchen" geheissen, weil er Kälte scheut und gerne
eine Klamottenschicht zuviel auflegt.
Zu den Spöttern zähle auch ich, doch ausgerechnet zum Marathon verfiel ich der
gleichen Unsitte und glaubte, es müsse noch ein Extraunterhemd her.
Mit der Folge, dass ich bei Kilometer 5 fast eine Minute drangeben mußlte, um
das Unterhemd unter Laufgurt und Laufhemd hervorzupopeln und in die Botanik zu befördern.
Moral: Bei trockenem Wetter über 10 Grad reichen kurzes Hemd und Dreiviertelhose!
Die gute Nachricht
Man kann alle diese Fehler begehen und trotzdem passabel durchkommen: 3:30:32 ist nur
zweieinhalb Minuten schlechter als meine bisherige Marathonbestzeit. Whoopee!
PS: Auch wenn ich kleinere Marathonveranstaltungen bevorzuge, kann ich den
Frankfurt-Marathon sehr empfehlen: Die Strecke ist schnell, die Organisation meiner Meinung nach
ohne Fehl und Tadel, und die Versorgung während des Laufes und danach ausgezeichnet.
PS2: Auf meinem Nokia-Telefon tut
Sports Tracker sonst
gute Dienste, verlor aber in den Häuserschluchten von Frankfurt zu oft den
Satellitenkontakt und berechnete deswegen die Marathondistanz auf 46.71 km...