Software-Logbuch (31. Dezember 2005)

Schon seit einer Weile schwanke ich, ob ich meine Einlassungen allgemeiner Natur nicht doch ergänzen sollte um eher klassische Anmerkungen zu Software. Schließlich verdiene ich damit mein Geld, und gelegentlich gäbe es dann doch etwas in diesem Feld zu sagen. So recht will das aber nicht hierher passen, also etabliere ich eine thematische Apartheid: Hie das Vermischte, dort aller Arten Abenteuer von Ajax bis Z-Shell.


Weh-LAN (11. Juni 2005)

Ich besitze einen dieser neumodischen PDAs mit allem Schnickschnack: Bluetooth, WLAN, Massageball zur Entspannung der nach zuviel Tippen und Kritzeln mit dem Griffel verkrampften Finger. Gelegentlich juckt es mich also, mittels dieses Hochtechnologiekonzentrats an gewöhnlichen wie ungewöhnlichen Plätzen nach WLAN-Netzen zu suchen.

In den Gazetten wimmelt es von Wardriving-Reportagen, bei denen regelmäßig herauskommt, daß es im Umkreis von 500 Metern um das jeweilige Redaktionsbüro rauhe Mengen aktiver WLANs gibt, und daß davon glatt die Hälfte sperrangelweit geöffnet ist. Zudem brüstet sich jeder Provider von Rang mit ellenlangen Hotspot-Listen an öffentlichen Plätzen.

So richtig freuen kann ich mich aber noch nicht an diesem Boom. In Ermangelung von Standorten der Fachpresse in der direkten Nachbarschaft gibt es hier meistens auch nicht den Hauch einer Funkregung - auch nicht in meinen Stammkneipen und -restaurants. Zur Verzweiflung gar treibt mich das WLAN am Flughafen Stuttgart. Zwar findet mein PDA dort ein Netz mit dem sehr entspannten Namen any; indes gelange ich nach Verbindungsaufnahme immer nur auf rätselhafte interne Seiten, die von einer Cisco SESM PDA Application raunen - nie aber zum offiziellen Portal, vom dem die Flughafendoku spricht.

Wenn dereinst Google oder Artverwandte einen Flughafen-WLAN-Experten, gerne auch mit schwäbischem Akzent, an die Gestade dieses Blogs spülen sollten: Zu Hülfe!


Erst mal ordentlich Spice hinter die Kiemen! (27. Mai 2005)

Alles spricht von Sternenkriegern, und ich sehe gar nicht ein, warum ich mich da zurückhalten soll:

  • Starwars Origins beschäftigt sich mit Einflüssen und Inspirationen für Star Wars aus Film, Literatur und Kultur.
  • Starkiller hält Originalskripts der Filmserie vor - das erste davon stammt von 1973!

Gerade in den Originalskripts werden so manche Einflüsse besonders deutlich: So wacht die Prinzessin dort auf ihrer Flucht vor dem Imperium nicht etwa über die Pläne für den Todesstern, sondern hütet eine Ladung aura spice - Dune, ick hör Dir trapsen.

Ach ja, aus dem ersten Star-Wars-Skript: "General Skywalker embraces Han Solo, the underground contact. Han is a huge, green skinned monster with no nose and large gills." Der kiemenlose Lungenatmer Harrison Ford war, so denke ich, den meisten Kinobesuchern dann doch die genehmere Besetzung...


Warum Skeptiker aussterben (16. Mai 2005)

BILDblog ist faszinierende Lektüre: Dort werden mit den Mitteln des gesunden Menschenverstandes und einfacher Hintergrundrecherche Geschichten und Totschlagzeilen aus der bewußten Boulevardzeitung auf ihren wahren Kern abgeklopft - wenn es denn einen gibt.

Ein Zitat aus dem Zusammenhang reißen, ein paar relativierende Fakten verschweigen - das reicht schon aus für den Start einer Kampagne à la BILD. Der Rest ergibt sich; die Reaktionen füllen das Blatt für geraume Zeit wie von selbst.

Aber ist vielleicht das Verfahren ein allgemeines und nur die Dreistigkeit der Anwendung BILD-spezifisch? Beispiel: Die Diskussionen um die Kapitalistenkritik von Herrn Müntefering wogten wochenlang in allen Tageszeitungen hin und her. Jede Äußerung zum Thema, egal von wem oder wie geringfügig, wurde zur Nachricht. Freilich nutzte Müntefering den Kampagnenmechanismus für seine Zwecke: Als erfahrener Politiker weiß er, daß er in diesen künstlich aufgeregten Zeiten nur einen kleinen Anlaß liefern muß, um ein Thema über Wochen in der Öffentlichkeit zu halten.

Traurig ist es, wie wenige Leser sich noch fragen, was hinter einer Geschichte steckt und ob das alles so sein kann, wie man es gerade gelesen hat; ob X wirklich Y gesagt hat und in welchem Kontext; und ob die ganze Meldung, bei Licht besehen, nicht einfach belanglos ist. Bevor ich aber die Analyse auch nur beginnen kann, wird schon über Reaktionen berichtet; und lasse ich mich von den Sekundärberichten ablenken, bewege ich mich so schnell von der eigentlichen Nachricht weg, bis sie im Schlachtenlärm untergeht.

Solche Atemlosigkeit ist der Totengräber gesunder Skepsis. Die schnellen elektronischen Medien einschließlich Internet haben viel dazu beigetragen. Aber immerhin ist das Netz auch eine Hoffnung: Nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten zur eigenständigen Recherche. Auch Erika Schultze kann heutzutage vom heimischen Wohnzimmer aus BILD widerlegen. Wenn sie nur auf den Gedanken käme - oder sie jemand auf ihn brächte.


Billigware und Beutelfabriken (26. April 2005)

Der Focus titelt diese Woche "Gottes herzlicher Hardliner" und meint den neuen Pontifex. So nahe ich und das Stilmittel des Stabreims uns auch stehen - da runzele ich die Stirn und denke: Was fuer eine bemühte Balkenüberschrift. Folgerichtig wäre es, solchen Unsinn fortzusetzen mit titselseitentauglichen Wendungen wie dem drolligen Dikator, dem kuschligen Killer oder als vorläufigem Höhepunkt der Undenkbarkeiten dem produktiven Programmierer.

Besonders armselig nimmt sich der Focus-Titel just in dieser Woche aus. Gestern starb Erika Fuchs, langjährige Übersetzerin der Micky Maus und insbesondere der Geschichten von Carl Barks, in denen sie mich und viele andere gelehrt hat, was eine Alliteration ist, die sich gewaschen hat. Beispiele des Schaffens einer meiner Heldinnen findet man beispielsweise bei Zippo Zimmermann und in der Barksbase.


Moderatorenadel (25. April 2005)

Da staune ich: Den Besserwissern vom Verein Deutsche Sprache zufolge würde VIVA-Moderatorin Jessica Schwarz in ihrer ersten Amtshandlung als Königin von Deutschland alle Anglizismen abschaffen. Respect. Auch sonst ist der Internetauftritt des VDS unterhaltsam - wenn man wie ich semiprofessionell klugscheisserisch veranlagt ist.

Das erinnert mich daran, daß ich trotzindemstattindesobschon dieses Netztagebuch (wenn man gerade den VDS erwähnt hat, traut man sich es ja kaum noch "Blog" zu nennen) nun schon seit Monaten führe, immer noch keine Hommage an Markus Kavka von der Konkurrenz bei MTV verfaßt habe. Er ist ein Relikt, eine Erinnerung daran, daß Popmusik zwar viel mit Tratsch und Unterhaltung, aber eben nicht nur mit Klingeltönen zu tun hat. Wie dafür geworben wird, hat mir zwar fast jede Freude an MTV und VIVA verdorben; aber vielleicht schaue ich mir dann doch irgendwann einmal eine VIVA-Sendung mit Frau Schwarz an. Jedenfalls wenn sie noch bei VIVA arbeitet - man weiß ja so wenig, und ich bin nun wirklich ein bißchen aus dem Alter heraus, in dem man solche Karrieren verfolgt. Möglicherweise sagt sie dann ja auch noch andere hörenswerte Dinge.


Hertz IV (24. April 2005)

Mein Mobiltelefon ist nicht nur ein Kommunikationswerkzeug, sondern auch eine Beschäftigungsmaßnahme. Das Studium der Telefonrechnung mit ihren vielen lustigen Sparten und Listen kann durchaus einen Abend füllen, wenn man es darauf anlegt. Zuweilen klingelt es auch und eine nette Dame vom Provider bietet mir mal wieder das neueste SMS-Paket oder andere Vertragszusätze an. Die Prüfung dieser Angebote ist ebenso eine Wissenschaft für sich, haben es die Mobilfunkfirmen doch beim Fußnotenquotienten (Anteil der kleingedruckten Fußnoten an der gesamten Druckfläche auf einer A4-Seite) zur wahren Meisterschaft gebracht. Und dann gibt es natürlich auch diverse Ärgernisse - WAP-Browser, die sich immer im falschen Moment nicht verbinden können; Tasten, deren versehentliche Berührung mal schnell eine WAP-Verbindung aufbauen, ohne daß man das wirklich wollte; Meldungen über ausgehenden SMS-Speicher, obwohl das Telefon noch zig MB frei hat. Wenn ich nur noch eine Weile grübelte, fiele mir sicher noch mehr ein, aber wir wollen diesem Teufelsding ja nicht noch mehr Lebenszeit in den Rachen werfen.

Für so gut wie jedes Mobiltelefon gibt es irgendwo da draußen eine pfiffige Anleitung, wie man die Version der Firmware, die der jeweilige Mobilfunkanbieter auf das Telefon vorinstalliert hat, gegen das Original vom Telefonhersteller tauschen und damit so manche Beschränkung aufheben kann. Auch dies eine ABM - wiewohl in diesem Fall eine, die mein Hacker-Karma ganz bestimmt gewaltig aufbessern könnte. Ist man aber eher ein richtig fauler Hacker - so wie ich, jedenfalls wenn man arg begünstigend annimmt, daß ich überhaupt den Ehrentitel Hacker zu tragen berechtigt bin - oder ist man gar schon ein wenig zu arriviert, um sich selber noch mühsam mit Firmware-Flashprogrammen herumzuschlagen, dann läßt man eben hacken: Bei smartmod.de gibt es beispielsweise so einen Service. Ich wünschte, ich hätte diese Geschäftsidee gehabt, und obwohl ich nie dort bestellt und auch sonst nichts mit dieser Firma zu tun habe, ist mir die Idee so sympathisch, daß ich diesem vermutlich jungen Unternehmen gutes Gelingen wünsche.

Da mein Mobiltelefon und ich uns schon bald aus den Augen verlieren werden, weil unsere zwei gemeinsamen Jahre fast vorüber sind, werde ich es wohl nicht mehr umrüsten lassen - aber beim nächsten Telefon kommen ich und smartmod.de vielleicht doch noch ins Geschäft. Aber zuvor steht noch die Aufgabe an, das neue Telefon überhaupt erst einmal auszusuchen. Auch ein aufwändiges Unterfangen. Vielleicht auch das eine Idee fuer die nächste Dienstleistungs-Ich-AG?

PS: "Hertz IV", so stelle ich nun fest, ist als Wortspiel gar nicht mal so geschickt; denn offenbar gibt es selbst nach Jahren der geballten Medienpräsenz des Herrn Hartz und seiner durchnummerierten geistigen Abkömmlinge noch genügend Leute, die ihm seinen Nachnamen nicht wirklich glauben. Google bringt es ans Licht...


Ad fontes (20. April 2005)

Bemerkenswert: Seit Papstbegräbnis und Neuwahl von Benedikt XVI ist Latein wieder in aller Ohren. Phoenix überträgt auf langer Strecke in Latein gehaltene feierliche Messen aus dem Vatikan - und die Überraschung: Es klingt vertraut; die Erinnerung an zahllose Schulstunden kehrt langsam wieder. Allenfalls die Aussprache des c überraschte mich: In der Schule kannte man den guten Julius Cäsar entweder als "Käsar" oder "Tsäsar"; wenn ich meinen Ohren trauen darf, würde man ihn analog zu dem im Vatikan gebrauchten Latein "Tschäsar" nennen, also eine eher italienische Aussprache wählen. Oder irre ich mich gewaltig und habe zwischendurch einfach nur ein paar Brocken Italienisch gehört?

Zur Steigerung könnte man sich ab sofort regelmäßig eine Dosis in Latein gesprochener Nachrichten geben, und zwar bei Radio Bremen. Schön, daß sich das öffentlich-rechtliche Radio gelegentlich doch noch deutlich vom Privatradio abhebt. Hat man heute leider nicht mehr so oft.


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Revision: r1.3 - 28 Jan 2007 - 21:31 - ClausBrod
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