Entendämmerung (02 Jan 2008)

Ich bin aufgewachsen mit den Werken von Carl Barks, und auch heute noch halte ich ihnen die Treue. Die Verehrung fuer Carl Barks war so gross, dass ich Mitglied der D.O.N.A.L.D. wurde. Die "Deutsche Organisation Nichtkommerzieller Anhänger des Lauteren Donaldismus" widmet sich der hinreissend zweckfreien Betrachtung der Barksschen Werke auf so amüsante Weise, dass es mir ganz und gar nichts ausmachte, dass meine Mitgliedsbeiträge bei sympathisch improvisiert wirkenden Maifeiern, Zwischenzeremonien und Kongressen verprasst wurden.

Man lernt in diesem Verein übrigens auch schnell, dass die Republik donaldistisch unterwandert ist: Die geistigen Kinder von Carl Barks und seiner kongenialen deutschen Übersetzerin Erika Fuchs sind längst den Watschelgang durch die Institutionen angetreten. Das Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung beispielsweise ist vollständig in der Hand von Federviehfetischisten. Und auch die Stuttgarter Zeitung veröffentlicht in schöner Unregelmässigkeit Beiträge mit verdächtig anatidem Hintergrund.

Nicht nur, dass Barks meinen Geschmack für gut erzählte Geschichten geprägt hat, er hat auch meine Berufswahl entscheidend beeinflusst: Der Herr Ingeniör, dem nichts zu schwör war - das war der Held meiner Kindheit.

Und doch bin ich jetzt aus dem D.O.N.A.L.D. ausgetreten und habe dazu auch noch mein Abo der Tollsten Geschichten von Donald Duck gekündigt. Ein wenig traurig ist das schon - aber es war denn doch unvermeidlich.

Zum einen habe ich "meinen Barks" inzwischen schon mehrfach beisammen. Zum anderen aber fiel mir vor einigen Jahren - auf der Suche nach amerikanischen Donald-Duck-Heften - in einen Comicladen in den USA ein Exemplar von "V for Vendetta" in die Hände, eine düstere, provokante, gewalttätige und verwirrende graphic novel von Alan Moore und David Lloyd.

Barks ist seither die Lektüre für die hellen Stimmungen geworden - in den dunklen Zeiten aber versinke ich in den verblüffenden Hirngespinsten von Alan Moore. Oder in Serien wie "Y - The Last Man", in der Brian K. Vaughan seine Hauptfigur in eine Welt setzt, in der er das letzte männliche Wesen ist. Oder DMZ, in dem Manhattan zwischen die Fronten eines Bürgerkriegs gerät. Oder ich grüble über Sin City, in dem Frank Miller so heftig Gewaltphantasien frönt, dass ich immer noch so richtig weiss, ob ich das für gefährlich oder für erstaunlich halten soll...

Alle diese tollen Geschichten sind also hiermit wärmstens empfohlen - aber zumindest im Falle von DMZ und Sin City nur für Leser mit guten Nerven. Und für alle anderen gibt es immer noch die geliebten Vierfingler und Schnabelträger aus Duckburg.



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r1.1 - 02 Jan 2008 - 19:06 - ClausBrod to top

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