Flache Hierarchien (04 Apr 2015)

Hach, heute bin ich nostalgisch drauf. Diese Woche zeigte mir ein Kollege ein Stückchen Lisp-Code, nur drei Zeilen lang, und dennoch barg es Gesprächsstoff für eine halbe Stunde. Und einen Anlass, mit Codevarianten zu experimentieren.

Die Aufgabe des Code-Stückchens war, in CoCreate Modeling eine Baugruppe abzuklappern und dabei zu verflachen. (Jaja, der aktuelle Produktname ist sowas wie PTC Creo Elements/Direct Modeling, aber spätestens beim Schrägstrich nicke ich weg.) Sprich: Für jedes Element in der Baugruppe wird ein Eintrag in der Resultatliste erzeugt, und diese Liste ist flach, also unverschachtelt.

In CoCreate Modeling werden Objekte repräsentiert durch sogenannte SEL_ITEMs - Lisp-Strukturen, die für Teile, Baugruppen, Arbeitsebenenen und allerlei andere Objekte in einem 3D-Modell stehen können. Damit man den Lisp-Code in diesem Artikel vielleicht auch einmal in einer anderen Lisp-Implementierung testen kann, definieren wir uns aber zunächst einmal eine extrem eingedampfte Sparversion als eigenen Datentyp node:

(defstruct node
  (name     ""  :type string)
  (children nil :type list))

Das reicht, um einen einfachen Teilebaum abzubilden. Ein Knoten kann entweder ein einfaches Teil repräsentieren - in diesem Fall hat er nur einen Namen. Wenn es sich um eine Baugruppe handelt, hält der Knoten eine Liste von Kindknoten in children.

(defmethod print-object ((node node) stream)
  (format stream "~A [~A]  "
     (node-name node)
     (if (node-children node) "asm" "part")))

Damit man einen node halbwegs kompakt ausgeben kann, definieren wir uns ein zur Struktur passendes generisches print-object. Aus der etwas langatmigen Darstellung einer Strukturinstanz wie

#S(NODE :NAME "42" :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p42" :CHILDREN NIL)))

wird dadurch

42 [asm]  

Testbaugruppen baut man sich einfach per Strukturliteral. Beispiel:

(let ((tree #S(NODE :NAME "a1"
                :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p1")
                           #S(NODE :NAME "p2")
                           #S(NODE :NAME "a11"
                               :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p11")
                                          #S(NODE :NAME "p12")))
                           #S(NODE :NAME "a12"
                               :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p13")
                                          #S(NODE :NAME "p14")))))))

Mit dieser Vorbereitung können wir nun endlich des Kollegen Codeschnippsel betrachten. Naja, eine leicht angepasste Variante davon jedenfalls:

(defun flatten-assembly-apply-nconc(node)
  (cons node
    (apply #'nconc (mapcar #'flatten-assembly-apply-nconc (node-children node)))))

Ruft man flatten-assembly-apply-nconc für die obige Testbaugruppe (flatten-assembly-apply-nconc tree), erhält man dank des von uns definierten print-object in der REPL in etwa folgendes:

(a1 [asm]  p1 [part]  p2 [part]  a11 [asm]  p11 [part]  p12 [part]  a12 [asm]  p13 [part]  p14 [part]) 

Es entsteht also in der Tat eine flache Liste - wie schön. Sich zu verbildlichen, warum die Funktion die gewünschten Effekt hat, braucht schon einen kleinen Moment - und vielleicht auch den einen oder anderen Blick ins Lisp-Manual, um sich der genauen Funktionsweise von nconc oder mapcar zu vergewissern. Entscheidend ist unter anderem, dass Lisp-Listen letztlich Ketten von cons-Zellen sind, deren letztes Element auf nil verweist, und dass node-children genau solche nil-Werte passend liefert, die von mapcar und nconc auch brav durchgeschleust werden.

flatten-assembly-apply-nconc setzt das "destruktive" nconc ein, um weniger Speicher allozieren zu müssen. Was mich gleich zu der Frage geführt hat, ob es vielleicht noch effizienter geht, und so entstanden folgende Varianten:

(defun flatten-assembly-apply-append(node)
  (cons node
    (apply #'append (mapcar #'flatten-assembly-apply-append (node-children node)))))

(defun flatten-assembly-mapcan(node)
  (cons node
    (mapcan #'flatten-assembly-mapcan (node-children node))))

;; version using an accumulator
(defun flatten-assembly-accumulator(node &optional acc)
  (cond
    ((null node) acc)
    ((listp node) (flatten-assembly-accumulator (first node) (flatten-assembly-accumulator (rest node) acc)))
    ((null (node-children node)) (cons node acc))
    ;; assembly case, i.e. a node with children
    (t (cons node (flatten-assembly-accumulator (node-children node) acc)))))

Diese Varianten habe ich hintereinander in drei Lisp-Implementierungen ausgemessen, und zwar in CLISP 2.49, Clozure CL 1.1 und SBCL 1.2.10. Weil SBCL sich zumindest auf Mac OS bei kurzläufigen Tests zickig anstellt und keine Messdaten liefert, habe ich die jeweilige Testfunktion in einer Schleife 100000mal aufgerufen:

(let ((tree #S(NODE :NAME "a1"
                :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p1")
                           #S(NODE :NAME "p2")
                           #S(NODE :NAME "a11"
                               :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p11")
                                          #S(NODE :NAME "p12")))
                           #S(NODE :NAME "a12"
                               :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p13")
                                          #S(NODE :NAME "a121"
                                              :CHILDREN (#S(NODE :NAME "a1211"
                                                             :CHILDREN (#S(NODE :NAME "p1211")))))
                                          #S(NODE :NAME "p14")))))))

  (defun run-test(function-symbol)
       (gc)
       (format t "~%Test function: ~A~%" (symbol-name function-symbol))
       (print (time (dotimes (i 100000) (run-test-raw function-symbol)))))

  )

(run-test 'flatten-assembly-apply-append)
(run-test 'flatten-assembly-apply-nconc)
(run-test 'flatten-assembly-mapcan)
(run-test 'flatten-assembly-accumulator)

Variante Lisp-Implementierung up Laufzeit (µs) Allokation (Bytes)
flatten-assembly-apply-append SBCL 37000 52768224
flatten-assembly-apply-nconc SBCL 25000 36798464
flatten-assembly-mapcan SBCL 29000 19169280
flatten-assembly-accumulator SBCL 22000 19169280
flatten-assembly-apply-append CLISP 3173017 72000000
flatten-assembly-apply-nconc CLISP 3034901 56000000
flatten-assembly-mapcan CLISP 2639819 38400000
flatten-assembly-accumulator CLISP 4959644 46400000
flatten-assembly-apply-append CCL 70407 52800000
flatten-assembly-apply-nconc CCL 54713 36800000
flatten-assembly-mapcan CCL 128232 19200000
flatten-assembly-accumulator CCL 20997 19200000

Die Angaben zu Zeit- und Speicherverbrauch lieferte dabei jeweils time.

Es gibt also durchaus signifikante Unterschiede im Speicherverbrauch. In CCL und SBCL liefert die Variante flatten-assembly-accumulator die beste Kombination aus Performance und Speichersparsamkeit. Für CLISP ist dagegen flatten-assembly-mapcan die vielversprechendste Alternative.

Weitere Vorschläge für Varianten? Bin gespannt! big grin

PS: Natürlich ist das hier beschriebene Problem eine Variante der Aufgabe, eine verschachtelte Liste plattzuklopfen. http://rosettacode.org/wiki/Flatten_a_list#Common_Lisp hält einschlägige Lösungen hierfür parat.

PS/2: In der Lisp-Implementierung HCL, die in CoCreate Modeling verwendet wird, schneiden flatten-assembly-apply-nconc und flatten-assembly-mapcan am besten ab. Dies ist aber mit Vorbehalt gesagt, denn in HCL musste ich den Code - mangels Compiler-Lizenz - interpretiert ablaufen lassen, was das Performancebild vermutlich stark verfälscht.



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